Sonntag, 12. April 2009

Das Soyuz-System 1:144 / Baubericht TEIL 1: Trägerrakete R-7 bzw. Soyuz T

Das Soyuz-System, ein sowjetisch/russisches Standardraumfahrzeug seit 1967,
im Modell-Maßstab 1:144


Ein Baubericht von Rainer Dierchen, Heidenau (Mitglied des EPMC Dresden)

Unter der Leitung des legendären Konstrukteurs Sergeij Koroljow wurde die Erfolgsserie des „Soyuz-Systems“ entwickelt und eingeleitet. Auf die Produktionseinführung 1967 folgte ein langer Weg mit anfänglichen Schwierigkeiten, bekannt dürfte z. Bsp. der Flug der Soyuz 1 sein, der mit dem Tod des Kosmonauten Wladimir Komarow endete.
Mittlerweile müsste man eine sehr umfangreiche Liste schreiben, wollte man alle erfolg-reichen Soyuz-Missionen lückenlos aufzeichnen.


Das Soyuz-System besteht aus 3 technologischen Einheiten und setzt sich wie folgt zusammen:
· Trägerrakete R-7 in ihren Entwicklungsstufen „Wostok“, “Woschod“, „Progress“ und „Soyuz“.
· Nutzlastkomplex Soyuz (Orbiter) mit den Bestandteilen Orbitalmodul, Start- und Landemodul sowie dem Antriebs- und Servicemodul.
· Startsystem für die Trägerrakete R-7, entwickelt und gebaut vom „Staatlichen Unitaren Förderationsbetrieb KBOM“, bekannt durch die Weltraumbahnhöfe Bajkonur“ und „Plessezk“.

Ausgereifte Technologien & Logistik, eine hohe Einsatzrentabilität und universelle Nutzlastmöglichkeiten machen dieses Raumfahrtsystem auch für die kommenden Jahre für russische und internationale Nutzer attraktiv.
Ein Grund mehr, dieses interessante Soyuz-System im Modell nachzubilden.

Erste Überlegungen zum Bauprojekt
Für die modellbauerische Umsetzung der 3 technologischen Einheiten ist wegen der Abmessungen der Maßstabsbereich zwischen 1:125 und 1: 288 als optimal zu wählen.
Meine im Dezember 2008 begonnene Recherche zum Angebot an Modellbausätzen im Fachhandel ergab folgende „noch verfügbare“ ältere Bausätze:
Rakete Soyuz TM und R-7A in 1:144 von russischen Hersteller MAQUETTE
Bezug über http://www.andromeda24.de/ bzw. von Realspace in Resinguß
Orbitalmodul Soyuz/Progress in 1/125 von Heller
Bezug über Hobby Boutique Stelzner in Heidenau, wstelzner@aol.com
oder http://www.andromeda24.de/

Der Startkomplex ist als Modellbausatz leider nicht erhältlich, hier ist die Eigeninitiative angesagt.

Hauptbezugsquelle für das Baumaterial des Startkomplexes wurde der Baumarkt, der Fachhandel für Künstlerbedarf/Architekturmodellbau und Fachgeschäfte für Modell-eisenbahnen & Modellbau. Mehr dazu folgt in der Baubeschreibung.
Die drei gekauften Bausätze in unterschiedlichen Maßstäben führten nun zu der Überlegung, die Raketen im Maßstab 1:144 mit dem Startkomplex als eine Modellbaueinheit und den Soyuz/Progress-Orbiterbausatz im Maßstab 1:125 als gesondertes Diorama zu bauen.
Das nasskalte Winterwetter im I.Quartal des Jahres 2009 arbeitete bei diesem Vorhaben entscheidend mit, denn nur im warmen Modellbauzimmer war es richtig gemütlich und das gütige Verständnis meiner Ehefrau für dieses umfangreiche Vorhaben wurde auch dadurch geprägt.

Baubericht TEIL 1

Zum Bausatz der Trägerrakete R-7 bzw. Soyuz TM




Die beiden russischen Bausätze sind älteren Herstellungsdatums und im Handel nur noch schwer aus Restbeständen im Preis um die ca. 20,- Euro plus Versandkosten erhältlich. Das treibt die Preise beispielsweise bei Versteigerungen im Internet auf gesichtete 40,- Euro ins Reich der Utopie. Da sollte man dann dem Resin-Bausatz von Realspace mit einem Preis von ca. 40,- Euro plus Versandkosten den Vorzug geben.

Booster und Raketenstufen sind baugleich, nur die Nutzlastverkleidungen, beginnend aufwärts ab Gitterring, sind verschieden. Es liegen jeweils 2 sehr gute Spritzrahmen, in den Farben grau und rotbraun, mit fein versenkten Gravuren in der stabilen Schachtel mit abnehmbaren Deckel.

Die Bauanleitungen sind in russischer und englischer Sprache, zweiseitig auf einer DIN A4 Seite beschrieben. Wer der Sprache nicht kundig ist hat damit auch keine Probleme, denn die wenigen Bauschritte sind mit 5 Montage-Bildern sehr gut nachzuvollziehen. Ein Bausatz, der für Anfänger und Profis zu einem sehr moderaten Preis sehr zu empfehlen ist. Die Maßhaltigkeit des Modells hält bei einem Vergleich mit Zeich-nungen und Maßtabellen aus der Fachpresse stand.
Da die R-7 eine militärische Nutzlast trägt (kleine Kegelspitze) und somit wegen Wegfall der oberen Raketenstufen die kleinste Rakete der Typenserie ist, habe ich mich für deren Umbau entschieden und die Soyuz TM-Rakete habe ich mit geringen Änderungen aus dem Kasten gebaut. Bei der Nutzlastwahl für den Umbau der R-7 habe ich mich für den T ISS-Cargo-Lifter bzw. die Progress M-Nutzlastverkleidung entschieden.

Realisierte Änderungen am Modell R-7:
- Herstellung des Gitterträger-Rings mit Hilfe von gebogenen Keilträgern aus Büroklammern nach Maßschema auf der Handskizze.

Die gespreizten Keilenden wurden in dafür gesetzte Bohrungen auf das Raketenteil gesteckt und mit Sekundenkleber befestigt. Mit dem Zirkel oder Kreisschneider wurde aus einer
0,8 mm starken Polystyrol-Platte der obere Ring ausgeschnitten und mit Sekunden-kleber aufgeklebt. Dabei ist der plane Sitz des Ringes zu beachten, sonst sitzt dann das Nutzlastteil schief auf der Rakete. Um diese Gefahr zu umgehen, habe ich einen Hilfsträger mit Durchmesser 5,0 mm mittig über die ganze Länge der Rakete eingeklebt. Dazu sind jeweils Bohrungen in die Trennsegmente zwischen den Raketenstufen zu setzen. Lediglich beim Gitterträgerring wurde der mittige Hilfsträger unterbrochen, um den erforderlichen objektgemäßen Durchblick zu gewähren.
- Die Nutzlastverkleidung Progress M habe ich aus PVC-Kabelrohren hergestellt, im Baumarkt für ca. 90 Cent je Rohr mit 2m Länge in verschiedenen Durchmessern erhältlich. Die Nutzlastspitze und der Übergangskonus wurde aus einem massiven PVC-Stab mit geringer Drehzahleinstellung gedrechselt. Ideal ist dazu die Micro-Drechselbank DB 250 von Proxxon Micromot mit regelbarem Antrieb.

- Die Raketen-Steuertriebwerke (Bauteile A6 und A7 lt. Bauanleitung) sind eindeutig zu klein ausgefallen und müssen neu hergestellt werden. Auch hier hat sich die Micro-Drechselbank bestens bewährt.

Maße der Steuertriebwerke in 1:144:
Länge 4,0 mm
unterer Durchmesser: 3,0 mm
oberer Durchmesser: 1,5 mm

Als Material habe ich PVC-Rohr-Profile mit 4 mm Außendurchmesser und 1,5 mm Innendurchmesser aus dem Künstlerbedarf verwendet, da diese sehr preiswert ausfallen. In das Innenrohr wurde nach der Düsenherstellung ein PVC-Rundprofil mit 1,5 mm Durchmesser und 10 mm Länge geklebt. Damit lässt sich die Steuerdüse problemlos in die dafür vorgesehene Öffnung platzieren.




Die weitere Raketenmontage verläuft problemlos, da die Passgenauigkeit sehr gut ist.
Als Kleber habe ich in die fest zusammengefügten Teile über einen Pinsel Aceton in die Trennfuge einfließen lassen, was sehr saubere Schweißnähte zur Folge hat.
Der Trägerrahmen für die Booster, der bei der Montage über die fertig montierte Rakete zu streifen ist, passt nicht und muss an einer Querstrebe durchgeschnitten werden. Nach der Platzierung an der Rakete wird das Ganze mit Sekundenkleber behoben. Bei guter Arbeit ist anschließend davon nichts mehr zu sehen.

Die Farbgebung:
Für beide Raketenmodelle wurden REVELL-Aqua Color Farben verwendet.
Diese decken sehr gut und lassen sich in der Konsistenz für Hand- und Pistolenarbeiten bestens einstellen. Als Geheimtipp, „Prima Sprit“ ist nicht nur gut für den Verzehr, sondern offensichtlich für die REVELL-Aqua Color-Farben als Verdünner erfunden worden. Geht super und man hat doppelte Freuden. Achtung beim Spritzen, Atemmaske aufsetzen und Explosionsgefahr beachten!

Der gesamte Raketenkörper wird mit matt Grau 36/57 grundiert.
Abschließend erfolgt in einem Mischverhältnis 70:30 Seidenmatt /Matt ein Überzug in Grau 36374/36157. Die Nutzlastverkleidung wird weiß gespritzt und die Nutzlastspitze mit Grün, gemischt aus 70:30 in Laubgrün, Seidenmatt/Dunkelgrün, Matt (36364/36139)
Abschließend wird der Raketensockel und die Booster bis zur Höhe der Hilfsträger mit Orange glänzend 36130 gespritzt. Es empfiehlt sich, dies vor der Boostermontage vorzunehmen, dabei sollte allerdings die einheitliche Länge der Spritzfläche einkalkuliert werden. Ganz zum Schluß werden die Hitze-Reflektoren an den Boostern und der Rakete mit Maskierfolie abgeklebt und mit 31190 Silber gespritzt.
Die Farbgebung der Düsen erfolgt außen mit Eisen 36191 und innen mit Anthrazit 31109 matt.

Abziehbilder:
Leider liegen dem R-7 Bausatz keine Abziehbilder bei und bei der Soyuz TM hält sich das auch in Grenzen. Hier ist Selbsthilfe angesagt. Betrachtet man die Originalfotos, so erkennt man an den Boostern und an der Hauptrakete Aufkleber mit dem Logo des Herstellers und an der Nutzlast einen Aufkleber mit dem Symbol der Mission. Ich habe mir aus dem Internet diese Logos beschafft und auf dünnem weißen Papier im entsprechenden Maßstab gedruckt. Mit Hilfe von doppelseitigem Klebeband wurden diese Aufkleber im wahrsten Sinne des Wortes an der richtigen Stelle aufgeklebt.

Abschlussbemerkung:
Zwei sehr schöne Bausätze, die sowohl vom Anfänger als auch vom Profi mit wenig Aufwand gebaut werden können. Der modellbauerische Schwerpunkt liegt bei der Farbgebung. Hier ist dem Farbspritzen gegenüber der Handmaltechnik der Vorzug zu geben. Die feinere Oberfläche der gespritzten Farbe überzeugt bei diesem relativ kleinen Maßstab total. Für relativ wenig Geld bekommt man einen netten Bastelspaß serviert.

Quellen:
Typenkompass „Bemannte Raumfahrt seit 1960“ im Motorbuch Verlag,
1. Auflage 2008

Werkskatalog KABOM, Ausgabe 2008

Internet, Wikipedia, Raumfahrt

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